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AKTUELLE BEITRÄGE

Dieser Blogeintrag gibt eine Übersicht über die wichtigsten Änderungen im Erbrecht per 1. Januar 2023.


[1] Die Eltern wurden als pflichtteilsgeschützte Erben gestrichen. Es verbleiben bloss noch die Nachkommen und Ehegatten (oder eingetragene Partner) als pflichtteilsgeschützte Erben (Art. 470 ZGB).

  • Mit den Anpassungen wurde beabsichtigt, dass der Erblasser über einen grösseren Teil des Nachlasses frei verfügen kann.

[2] Der Pflichtteil beträgt neu nur noch die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs (Art. 457 ff. ZGB i.V.m. Art. 471 ZGB).

  • Ohne Ehegatte (oder eingetragenem Partner) und ohne Nachkommen kann nun über den gesamte Nachlass frei verfügt werden. Vor der Revision wäre zusätzlich noch den Eltern einen Pflichtteil zugestanden.

  • Mit Ehegatte (oder eingetragenem Partner) und mit Nachkommen kann nun über den halben Nachlass frei verfügt werden. Vor der Revision konnte in dieser Konstellation bloss über 3/8 frei verfügt werden (37.50%).

  • Soweit bloss der Ehegatte (oder eingetragene Partner) und keine Nachkommen vorhanden sind, ändert sich mit der Revision nichts an der freien Quote (frei verfügbar ist weiterhin die Hälfte).

  • Falls nur Nachkommen und kein Ehegatte (oder eingetragener Partner) vorhanden sind, vergrössert sich die frei verfügbare Quote mit der Revision auf die Hälfte (früher war es bloss 1/4 bzw. 25%).


[3] Der Erblasser kann neu mittels Verfügung von Todes wegen unter gewissen Voraussetzungen den Pflichtteilsanspruch des anderen Ehegatten während der Scheidungsverfahrens ausschliessen (Art. 472 ZGB).

  • Als Voraussetzung müssen die Ehegatten (1) ein gemeinsames Begehren zur Ehescheidung eingeleitet, (2) das Ehescheidungsverfahren nach den Vorschriften über die Scheidung auf gemeinsames Begehren fortgesetzt oder (3) mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben.

  • Ohne explizite Regelung in einer Verfügung von Todes wegen gilt aber weiterhin das gesetzliche Erbrecht.


[4] Zusätzlich zur Nutzniessung kann dem überlebenden Ehegatten (oder eingetragenem Partner) neu die Hälfte des Nachlasses zu Eigentum zugewiesen werden (Art. 473 ZGB).

  • Vor der Revision konnte bloss ein Viertel zugewiesen werden.

  • Soweit mit einer bisherigen Verfügung von Todes wegen lediglich ein Viertel zugesprochen wurde, ist ggf. eine neue Verfügung von Todes wegen aufzusetzen, um allfällige Unsicherheiten zu beseitigen.


[5] Schenkungen bei Vorliegen eines Erbvertrags unterliegen neuerdings ohne Vorbehalt im Erbvertrag der Anfechtung (Art. 494 ZGB).

  • Dies führt beim Vorliegen eines Erbvertrags zu einem faktischen Schenkungsverbot.

  • Sollten bereits ein Erbvertrag vorliegen oder sollten Sie beabsichtigen, einen Erbvertrag erstellen zu lassen, sollten Sie neu festhalten, was als Gelegenheitsgeschenk gilt bzw. welche Schenkungen noch erlaubt sind.


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Entscheid vom 12. Januar 2023 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich


  • Urteilsreferenz: VB.2022.00512

  • Keywords: Art. 9 BV; Art. 29 BV; § 16 VRG/ZH; § 12 Abs. 2 GSG/ZH


Sachverhalt

Im vorliegenden Verfahren wurde unser Gesuch auf unentgeltliche Rechtspflege vom Haftericht abgewiesen und es wurde keine Parteientschädigung ausgerichtet (trotz Obsiegen im Verfahren).


Rechtliches

Die unentgeltliche Rechtspflege ist ein Grundrecht unserer Bundesverfassung und soll sicherstellen, dass keiner Person in der Schweiz der Zugang zur Justiz verwehr bleibt, nur weil ihr die notwendigen finanziellen Mittel zur Prozessführung fehlen.


Die Abweisung der unentgeltlichen Rechtspfege wurde vom Haftgericht damit begründet, dass wir das Gesuch angeblich "zu spät" gestellt hätten. Das Verwaltungsgericht bestätigte jedoch, dass es genügt, wenn ein solches Gesuch bei zeitlicher Dringlichkeit - besonders in einem Gewaltschutzverfahren - einstweilen mündlich zu Protokoll gegeben wird (E. 4.5.2, zweiter Abschnitt).


Weiter sind die Parteien nach § 12 Abs. 2 GSG/ZH nach "massgabe Ihres Unterliegens" für ihre Kosten und Umtriebe zu entschädigen, weshalb es entgegen der Ansicht der Vorinstanz gar nicht notwendig war, einen entsprechenden Antrag zu stellen (E. 5.3).


Kommentar des Autors

Speziell anzumerken gilt, dass in diesem Beschwerdeverfahren die Vorinstanz sogar eine Vernehmlassung eingereicht hat und in völlig rechtsmissbräuchlicher Art und Weise versuchte, sein Vorgehen zu verteidigen (E. 4.5.2, erster Abschnitt).

Urteil vom 15. September 2022 des Obergerichts Zürich

Sachverhalt

Mit Verfügung vom 29. Juni 2022 erteilte das Bezirksgericht unserer Klientin im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen - sogar unter Strafandrohung - diverse Weisungen, welche keine Partei verlangt hat und absolut nicht verhältnismässig waren.


Gegen diese völlig absurde Verfügung haben wir beim Obergericht eine Berufung eingereicht, welche mehrheitlich gutgeheissen wurde.


Rechtliches

Die Behörden können den Eltern Weisungen als "Kindesschutzmassnahmen" erteilen, wenn eine Kindswohlgefährdung vorliegt. Für die Anordnung als vorsorgliche Massnahme muss zudem noch eine zeitliche Dringlichkeit notwendig sein,


Auch wenn die Behörden hierzu nicht an die Anträge der Parteien gebunden sind (Art. 314 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 446 Abs. 3 ZGB), müssen die Massnahmen immer Verhältnismässig sein (Art. 389 ZGB). Es geht demnach nicht an, dass die Behörden völlig unsinnige Weisungen erteilen, welche jeglicher rechtlichen Grundlage entbehren.


Das Obergericht hält hierzu korrekt fest:

"Eine Anordnung der angefochtenen Weisungen im Rahmen von Kindesschutzmassnahmen, wie sie die Vorinstanz von Amtes wegen über die Parteianträge hinaus vorgenommen hat, scheint – mit Ausnahme der Weisung gemäss Dispositivziffer 1 Spiegelstrich 1 – ohne vorgenommene Aktualisierung der Verhältnisse indes nicht sachgerecht und zu aktivistisch. Insbesondere ist es den Eltern zu überantworten, ob und wie sie ihr sechsjähriges Kind über seine Abstammungsverhältnisse orientieren wollen. Dies ist eine persönliche Angelegenheit der Eltern, die keiner Weisung eines Gerichts bedarf (....)." (E. 3.6.3)

Kommentar des Autors

Wir mussten schön öfters feststellen, dass die Gerichte in Verfahren, wo die "Offizialmaxime" (keine Bindung des Gerichts an die Parteianträge) zur Anwendung gelangt und den Behörden - oftmals sogar Einzelrichter/innen - ein grosses Ermessen zukommt, ihre Grenzen nicht erkennen können. In solchen Fällen liegt es an den Rechtsvertretern, den Behörden Stirn zu bieten.



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