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AKTUELLE BEITRÄGE

Urteil vom 31. August 2022 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich

Sachverhalt

Mit Verfügung vom 22. Juni 2022 wurde unser Klient von der Stadtpolizei aus der gemeinsamen Wohnung aufgrund einer Anzeige seiner Ehefrau für 14 Tage weggewiesen. Zudem erhielt er ein Rayon- und Kontaktverbot.


Mit Gesuch vom 23. Juni 2022 ersuchte die Ehefrau das Zwangsmassahmengericht um Verlängerung der Schutzmassnahmen um drei Monate. Mit Urteil vom 27. Juni 2022 verlängerte die Haftrichterin die Schutzmassnahmen vorläufig. Trotz Einsprache wurden die Schutzmassnahmen mit Urteil vom 13. Juli 2022 vom Zwangsmassnahmengericht definitiv verlängert.


Die von uns dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Urteil vom 31. August 2022 gutgeheissen und die Schutzmassnahmen wurden allesamt - unter Entschädigungsfolgen der Ehefrau - aufgehoben.


Rechtliches

Die Schutzmassnahmen im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes des Kantons Zürich sind von ihrem Zweck her lediglich auf akute Krisensituationen ausgerichtet, in denen der sofortige Schutz einer gefährdeten Person notwendig ist (ansonsten ist z.B. ein Verfahren nach Art. 28b ZGB einzuleiten). Zudem muss die akute Gefährdungssituation zumindest "glaubhaft" gemacht werden. Auf eine fehlende Glaubhaftigkeit einer Parteibehauptung hindeuten können allfällige Widersprüche, Unstimmigkeiten in Bezug auf andere Beweismittel, nachträgliche Relativierungen und Eingeständnisse sowie ein ausweichendes Antwortverhalten etc.


Das Verwaltungsgericht hält hierzu korrekt fest:

"Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass sich die Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Anordnung der Gewaltschutzmassnahmen (noch) in einer akuten Gefährdungssituation befunden hätte. Dies stellte denn auch die Haftrichterin nicht fest. Vielmehr schloss sie aus den von der Beschwerdegegnerin eingereichten, Ende Mai/Anfang Juni 2021 aufgenommenen Fotos, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit körperliche Gewalt ausgeübt habe und dies auch in Zukunft tun werde. Gewaltschutzmassnahmen können jedoch nicht allein auf Zusehen hin und aufgrund früherer Situationen noch zu einem späteren Zeitpunkt darauf rückblickend erlassen werden." (E. 4.1)

Weiter erläutert das Verwaltungsgericht:

"Von der Haftrichterin nicht behandelt wurde die Frage, ob sich die Beschwerdegegnerin allenfalls aufgrund der Sperrung des Zugriffs auf das Bankkonto am 15. Juni 2022 in einer unmittelbaren Gefährdungssituation befand, wovon die Polizei auszugehen schien. Dies ist indes ohnehin zu verneinen (...). Dem Umstand, dass jemandem Geldmittel entzogen werden, kann jedenfalls nicht mithilfe eines Kontakt- oder Rayonverbots begegnet werden." (E. 4.1)

Kommentar des Autors

Vorliegend hat die Vorinstanz weder eine akute Gefährdungssituation noch die Glaubhaftigkeit geprüft, sondern die Verlängerung der Schutzmassnahmen geradzu durchgewunken, was leider dem "Standard" der Zwangsmassnahmenrichter/innen (Einzelgericht) im Kanton Zürich entspricht, obwohl die Aktenlage geradezu offensichtlich gegen eine Verlängerung der - von der Polizei bereits rechtswidrig angeordneten - Schutzmassnahmen sprach.


Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

AutorenbildAdmin

Urteil vom 10. Februar 2022 des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus


  • Urteilsreferenz: VG.2021.00070

  • Keywords: Art. 310 ZGB, Art. 314 Abs. 1 i.V.m. 446 Abs. 1 ZGB


Sachverhalt

Mit Entscheid vom 11. Dezember 2020 entzog die KESB vorerst provisorisch das Aufenthaltsbestimmungsrecht unserer Klientin über ihre zwei Kinder. Dies erfolgte aufgrund einer äusserst fragwürdigen Gefährdungsmeldung vom 10. Dezember 2020 und einigen darauffolgenden Abklärungen der KESB, wobei der Sachverhalt in der kurzen Zeit offensichtlich nicht hinreichend geklärt werden konnte.


Statt den Sachverhalt anschliessend weiter abzuklären - da beim Entzug der Obhut eine Gefährdungssituation vorliegen muss, welcher "nicht anders begegnet werden kann" (Art. 310 ZGB) - machte die KESB Glarus das Folgende: Sie ernannte eine Kindsvertretung, welche eine "Stellungnahme" einreichen sollte. Daraufhin wurde der Mutter die Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu nehmen und zum Schluss erfolgte eine "pro-forma" Anhörung der Kinder (wo grundsätzlich den Kindern lediglich der Beschluss vorab eröffnet wurde). Mit Beschluss vom 1. Juli 2021 erfolgte der definitive Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht. Aufgrund dessen wurden wir mit der Anfechtung des Beschlusses beauftragt (es erfolgte ein Anwaltswechsel).


Unsere Beschwerde wurde mit Urteil vom 10. Februar 2022 insoweit gutgeheissen, als die Angelegenheit zur Abklärung des Sachverhalts an die KESB Glarus zurückgewiesen wurde.


Für weitere Informationen wird auf den angehängten Zeitungsartikel vom 3. März 2022 der Zeitung Südostschweiz verwiesen (vgl. Anhang: "Das Verwaltungsgericht rüffelt die Glarner KESB").


Rechtliches

Es ist die Aufgabe der jeweiligen KESB, den Sachverhalt von Amtes wegen vollumfassend abzuklären (Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 446 Abs. 1 ZGB). Wenn es um Kinder geht, gilt dabei die sogenannte "uneingeschränkte Untersuchungsmaxime" (=keine Beschränkung der Beweismittel). Zudem hat die KESB anschliessend eine umfassende Beweiswürdigung vorzunehmen. (vgl. auch explizit Art. 41 VRG/GL).


Vorliegend wurden von der KESB keinerlei Abklärungen zur angeblichen Gefährdungssituation der Kinder vorgenommen (=keine rechtsgenügende Abklärung des Sachverhalts). Ebenso wurde nicht ansatzweise eine weniger einschneidende bzw. "mildere Massnahme" geprüft (=Subsidiaritätsprinzip). Der Beschluss beruhte einzig auf der Stellungnahme der Kindsvertretung und enthielt keinerlei Beweiswürdigung bzw. kritische Auseinandersetzung mit dieser Stellungnahme.


Entsprechend hatte das Verwaltungsgericht keine andere Möglichkeit, als die Angelegenheit zur rechtsgenügenden Abklärung an die KESB zurückzuweisen.

"Ob eine eindeutige und erhebliche Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, ist aufgrund der im Recht liegenden Akten und des dargeleten Sachverhalts äusserst unklar..." (E. 4.2)
"Es kann nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts sein, im Verwaltungsverfahren versäumte Abklärungen nachzuholen, da in erster Linie die Beschwerdegegnerin [KESB Glarus] dazu verpflichtet ist, den Sachverhalt rechtsgenügend abzuklären...." (E. 4.3)

Kommentar des Autors

Das Vorgefallene zeigt leider erneut, wie wenig es manchmal braucht, damit eine KESB das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzieht. Statt den Vorwürfen betreffend die Gefährdungsmeldung auf den Grund zu gehen und dafür zu sorgen, dass die Mutter die Kinder möglichst schnell in ihre Obhut zurückerhält, hat es sich die KESB Glarus hier sehr leicht gemacht.


Zusammengefasst lohnt es sich immer, bei KESB-Verfahren möglichst schnell einen Rechtsbeistand beizuziehen, damit es gar nicht erst soweit kommt bzw. schon viel früher interveniert werden kann. Entsprechend bedarf es spezifischer Kenntnisse in KESB-Verfahren, welche Ihnen die Rechtskanzlei Fernanda Pontes bieten kann.


AutorenbildAdmin

Entscheid vom 23. Dezember 2019 des Bundesgerichts (Beschwerde in Strafsachen)


  • Urteilsreferenz: BGer 1B_502/2019

  • Keywords: Art. 9 BV; Art. 29 BV; Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO; Art. 136 StPO

Sachverhalt

Im vorliegenden Verfahren wurde unser Gesuch auf unentgeltliche Rechtspflege vom Obergericht Zürich (III. Strafkammer) abgewiesen und eine Frist zur Leistung einer Prozesskaution für unsere Beschwerde gesetzt. Dagegen haben wir Beschwerde beim Bundesgericht erhoben.


Bei der Beschwerde vor dem Obergericht haben wir explizit darauf hingewiesen, dass die eingereichten Unterlagen - aufgrund der grossen Distanz zum Klienten und der kurzen Frist - veraltet waren und aktuellere Unterlagen nachgereicht werden könnten, wobei die Bedürftigkeit geradezu offensichtlich war. Das Obergericht kam zum Schluss, das die Unterlagen nicht geeignet waren, um die aktuelle Bedürftigkeit des Beschwerdeführers darzulegen. Eine Nachfrist zur Nachreichung weiterer Unterlagen wurde nicht gewährt, weil "das Gesuch weder mangelhaft noch an einem Formfehler gelitten habe". Zu erwähnen gilt, dass vorab noch ein Schriftenwechsel stattgefunden hatte, wobei das Obergericht nie weitere Unterlagen verlangte, weshalb die Abweisung des Gesuchs zusätzlich den Grundsatz von Treu und Glauben verletzte.


Rechtliches

Die unentgeltliche Rechtspflege ist ein Grundrecht unserer Bundesverfassung und soll sicherstellen, dass keiner Person in der Schweiz der Zugang zur Justiz verwehr bleibt, nur weil ihr die notwendigen finanziellen Mittel zur Prozessführung fehlen.


Auch das Bundesgericht teilte unsere Ansicht. Die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege war überspitzt formalistisch und verletzte Art. 136 StPO sowie Art. 29 BV. Entsprechend wurde die Beschwerde auf Kosten des Kantons Zürich vom Bundesgericht gutheissen.


Kommentar des Autors

Mit diesem Blogeintrag wollen wir noch einmal verdeutlichen, dass wir - wenn nötig bis vor Bundesgericht - die Interessen unserer Klientschaft durchsetzen und den Zugang zur Justiz sicherstellen.

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